Interviewserie “Guter Unterricht” – Folge 1: Oskar Schulz

Um den Unterricht noch motivierender und effizienter zu machen setzt unsere Schule auf das Kooperative Lernen: Schülerinnen und Schüler sollen in bestimmten Unterrichtsphasen mehr Eigenverantwortung bekommen und sich gegenseitig informieren, Arbeitsergebnisse verbessern und Lernerfolge testen. Dazu dienen zum Beispiel Abfolgen von Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten mit entsprechenden Aufgabenstellungen. Seit Beginn des Kooperativen Lernens am Gymnasium Kreuzau ist einige Zeit vergangen. Grund genug für unsere digitale Schülerzeitung, Schüler, Eltern und Lehrer nach ihren bisherigen Erfahrungen und ihren Vorstellungen von gutem Unterricht allgemein zu fragen. Den Anfang macht Oskar Schulz aus der Q1. Er wurde vom Leiter der Schülerzeitungs-AG Martin Dieckmann interviewt.

Unsere Lehrer/innen am Gymnasium Kreuzau haben seit der Einführung der 70-Minuten-Stunden viele Anstrengungen unternommen, ihren Unterricht – z.B. durch kooperative Lernformen – noch lernwirksamer zu gestalten. Hat sich der Unterricht für dich in der letzten Zeit in irgendeiner Hinsicht verändert?

Im Moment gibt es viele Lehrer, die Methoden wie Think-Pair-Share anwenden und bei denen wir Diskussionen in der Gruppe haben, aber ich könnte jetzt nicht sagen: Vor zwei Jahren wurde da ein Wandel vollzogen.-
Was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass es sehr lehrerabhängig ist. Jeder Lehrer hat seinen eigenen Stil. Lehrer, die länger im Dienst sind, neigen dazu, diesen Frontalunterricht zu machen. Referendare und jüngere Lehrer  versuchen schon mehr, die Klasse mit einzubinden oder ein Gespräch aufkommen zu lassen. Ob es einen allgemeinen Wandel speziell in den vergangenen Jahren gab, fällt mir schwer zu sagen.

Unser erster Interviewpartner findet, dass Hausaufgaben nur gemacht werden, wenn sie eine Herausforderung sind.

Unser erster Interviewpartner mag Hausaufgaben, wenn sie eine Herausforderung sind.

Findest Du denn, dass Kooperatives Lernen besser ist?

Wenn man sagt, einer macht diese und ein anderer Schüler jene Aufgabe und hinterher sollt Ihr das Wissen austauschen, dann gebe ich ja beiden relativ viel Verantwortung. Aus der Sicht des Schülers muss man ganz ehrlich sagen, dass viel davon abhängt, wie interessant die Aufgabe ist. Wenn sie eher simpel ist, ist es häufig so, dass man der Aufgabe nicht wirklich nachgeht, dass man sehr abgelenkt wird, es wird lauter, alle reden. Wenn es eine sehr stupide Aufgabe wie „Lest den Text und filtert die wichtigsten Informationen heraus und dann vergleicht ihr das“ ist, denke ich mir manchmal: Wenn ich das wirklich mal brauche, kann ich das in 30 Sekunden nachlesen und ob ich das jetzt wirklich in einem Partnergespräch durchgehen muss…?

Gut an Partner- oder Gruppenphasen ist allerdings, dass Leute, die sich nicht so in Frontalunterricht einbringen können, einen Gesprächspartner finden, dass sie vielleicht denken: Ok, das ist jetzt meine Chance, einen Zusammenhang nochmal zu vertiefen und mich nochmal mit jemandem auszutauschen – „Hast Du das eine verstanden? – Ich hab’ das andere nicht verstanden.“ Aber dann muss man natürlich davon ausgehen, dass die Schüler das auch verstehen wollen. Wenn der Wille da ist, funktioniert das System.

Wie müsste eine Unterrichtsstunde sein, damit Du zu Hause davon erzählst, wie gut sie war?

Es kann durchaus sein, dass ein Lehrer eine super Stunde macht, ich mich aber nicht dafür interessiere und hinterher sage: Das war eine blöde Stunde. Ich habe gerne im Unterricht eine Diskussion, einen Austausch mit den anderen Schülern. Selbst wenn man sich nicht für das Fach interessiert, aber bereit ist, etwas zu tun und aufzuzeigen, ist dieser Austausch in jedem Fall interessanter, als einfach nur Wissen zu sammeln.

Wie denkst Du über Hausaufgaben?

Wenn man Hausaufgaben bekommt, denkt man sich so: Das ist etwas, was ich in möglichst kurzer Zeit, mit möglichst wenig Aufwand bewältigen muss. Wenn mir der Lehrer das Gefühl geben kann, dass ich nicht nur ein notwendiges Übel erledige, dass ich durch diese Hausaufgabe meine Note verbessern oder ein Thema sinnvoll vertiefen kann, ist das anders.
Das gilt besonders für Präsentationen. Wenn mir dann der Lehrer sagt: Ich glaube das Thema könnte für Dich gut passen und wenn Du das den Leuten gut vermittelst, ist das wichtig für alle.
Allgemein lässt sich glaube ich sagen: Je einfacher die Hausaufgabe ist und je mehr der Lehrer denkt, es den Schülern einfach zu machen, desto weniger wird von den Schülern zurückkommen.  – Text lesen? Ein Bild beschreiben? Kann ich vor der Stunde machen…

Nehmen wir an, ein Freund von Dir wollte Lehrer werden. Was würdest Du ihm raten, wenn er Dich fragt, was ein guter Lehrer im Unterricht tun oder lassen sollte?

Dazu fällt mir ein gutes Beispiel ein: In der siebten Klasse hatte ich eine Lehrerin, die die Klasse richtig unter Kontrolle hatte. Und in dem Alter muss man als Lehrer, glaube ich, andere Prioritäten setzen als in der Oberstufe. Wenn man eine Zeit lang nicht leise war, gab es Punkte, und wenn es zu viele wurden, musste die ganze Klasse einen Test schreiben… Das ging aber nicht soweit, dass sich keiner mehr getraut hat, etwas zu sagen.-
Also ich würde jemandem Raten, der in der Unter- und Mittelstufe unterrichtet, dass er auf jeden Fall die Klasse im Griff haben und für Ruhe und Ordnung sorgen muss. Ich glaube wirklich, guter Unterricht kann nur passieren, wenn die Leute dabei sind. Und in der Oberstufe läuft es darauf hinaus, die Leute zu fordern. Man möchte natürlich gefordert werden. – Die Realität sieht natürlich bei manchen Oberstufenschülern auch anders aus. Die sitzen ihre Zeit ab und denken sich: „Ja, das geht mir jetzt total am Allerwertesten vorbei.“
Entscheidend für Lehrer ist, dass er dem Schüler das Gefühl gibt, dass er etwas gut gemacht hat, also diese Feedback, dass der Lehrer immer ermutigend ist. Eine Reli-Lehrerin hat das mal gut gelöst. Sie hatte gefragt, wer die Kirche reformiert hat. Und ein Schüler antwortete „Wolfgang Luther“. Und die Lehrerin hat ihn dafür nicht kritisiert, sondern gesagt „Super, dass Du den richtigen Nachnamen behalten hast.“ In so einer Umgebung ist es viel einfacher für alle Schüler, und nicht nur für die schlechten, sondern für alle Schüler, sich am Unterricht zu beteiligen.

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